Konni
12.05.2013, 18:14
Italiens Prosecco gegen Kroatiens Prošek
Der kroatische Dessertwein Prošek könnte ein Vermarktungsproblem bekommen - er klingt ähnlich wie der italienische Prosecco
Zagreb/Brüssel/Wien – Die in der EU streng geschützten Markenrechte für Wein und Lebensmittel könnten für das EU-Beitrittsland Kroatien nun zum Bumergang werden. Denn die Kroaten haben verabsäumt, sich die Markenrechte rechtzeitig schützen zu lassen.
Vor allem die in Dalmatien und Istrien gekelterten, ziemlich süßen Dessertweine namens Prošek könnten ein Problem bekommen. Denn Prosek klingt ähnlich wie Prosecco. Wegen dieser Verwechslungsgefahr haben norditalienische Winzer bereits angekündigt, dass sie es nicht tolerieren werden, wenn kroatische Produkte nicht nach den EU-Standards vertrieben werden; notfalls werde man vor Gericht gehen.
Keine Ansuchen auf Ursprungsbezeichnungen
In der Tat dürften kroatische Beamte des Landwirtschaftsministeriums einiges verschlafen haben. Man habe über all die Jahre während der Beitrittsverhandlungen nie Kontakt mit den zuständigen Stellen in der EU-Kommission (Landwirtschaft und Ländliche Entwicklung) aufgenommen, heißt es auf Anfrage des Standard ebendort.
Dementsprechend sind keine kroatischen Ansuchen auf "geschützten geografischen Angaben" oder "Ursprungsbezeichnungen" für Lebensmittel oder Weine in Brüssel eingegangen, mit einer einzigen Ausnahme: Für den Istrischen Räucherschinken Istarski Pršut wurde um eine geschützte Ursprungsbezeichnung angesucht.
Verbesserte Verkaufsmöglichkeit
Zum Vergleich: In Österreich haben 15 Lebensmittel einen solchen Markenschutz – von Mostviertler Birnmost bis hin zum Vorarlberger Alpkäse. Bei den Weinen sind es 29. Auch immer mehr Nicht-EU-Länder suchen um einen solchen Schutz an, da die Verkaufsmöglichkeiten außerhalb des Heimatmarktes verbessert. So verfügt indischer Darjeeling-Tee den Schutz einer geografischen Herkunftsbezeichnung; ebenso wie thailändischer Jasminreis.
Damit gibt es ab 1. Juli, dem Beitritt Kroatiens zur EU, einige potenzielle agrarische Konfliktherde. Einer könnte mit dem Nachbarn Slowenien ausbrechen und sich um den istrischen Teran-Wein ranken. Slowenien hat sich die Ursprungsbezeichnung Teran bei seinem EU-Beitritt im Jahr 2004 schützen lassen. Laut der slowenischen Nachrichtenagentur STA haben die slowenischen Behörden kürzlich beanstandet, dass ein gleichnamiger Wein aus Kroatien in Slowenien verkauft wird und verordneten, dass die Flaschen aus den Regalen genommen werden müssen.
Interessenkonflikte
Probleme mit gleichen oder ähnlichen Bezeichnungen für gleiche oder ähnliche Lebensmittel und Alkoholika gibt es innerhalb der EU immer wieder und konnten immer noch gelöst werden. So wurde dem slowenischen Antrag auf Anerkennung des Namens "Krainer Wurst" ("Kranjska Klobasa") als geschützte Herkunftsbezeichnung statt gegeben, obwohl Österreich um die Käsekrainer fürchtete. Der salomonische Spruch dazu: Österreich darf die Bezeichnung doch benützen.
Ähnlich beim steirischen Kürbiskernöl. Slowenien hatte 2009 bei der EU den Antrag auf Herkunftsschutz für die Bezeichnung "Steirisches Kürbiskernöl jenseits der Mur" gestellt, sehr zur Empörung steirischer Kürbiskernbauern. Die Lösung: Slowenien musste das "steirisch" aus seiner Bezeichnung streichen.
...
Quelle: Johanna Ruzicka, DER STANDARD, 12.5.2013
http://derstandard.at/1363710740230/Italiens-Prosecco-gegen-Kroatiens-Prosek
Der kroatische Dessertwein Prošek könnte ein Vermarktungsproblem bekommen - er klingt ähnlich wie der italienische Prosecco
Zagreb/Brüssel/Wien – Die in der EU streng geschützten Markenrechte für Wein und Lebensmittel könnten für das EU-Beitrittsland Kroatien nun zum Bumergang werden. Denn die Kroaten haben verabsäumt, sich die Markenrechte rechtzeitig schützen zu lassen.
Vor allem die in Dalmatien und Istrien gekelterten, ziemlich süßen Dessertweine namens Prošek könnten ein Problem bekommen. Denn Prosek klingt ähnlich wie Prosecco. Wegen dieser Verwechslungsgefahr haben norditalienische Winzer bereits angekündigt, dass sie es nicht tolerieren werden, wenn kroatische Produkte nicht nach den EU-Standards vertrieben werden; notfalls werde man vor Gericht gehen.
Keine Ansuchen auf Ursprungsbezeichnungen
In der Tat dürften kroatische Beamte des Landwirtschaftsministeriums einiges verschlafen haben. Man habe über all die Jahre während der Beitrittsverhandlungen nie Kontakt mit den zuständigen Stellen in der EU-Kommission (Landwirtschaft und Ländliche Entwicklung) aufgenommen, heißt es auf Anfrage des Standard ebendort.
Dementsprechend sind keine kroatischen Ansuchen auf "geschützten geografischen Angaben" oder "Ursprungsbezeichnungen" für Lebensmittel oder Weine in Brüssel eingegangen, mit einer einzigen Ausnahme: Für den Istrischen Räucherschinken Istarski Pršut wurde um eine geschützte Ursprungsbezeichnung angesucht.
Verbesserte Verkaufsmöglichkeit
Zum Vergleich: In Österreich haben 15 Lebensmittel einen solchen Markenschutz – von Mostviertler Birnmost bis hin zum Vorarlberger Alpkäse. Bei den Weinen sind es 29. Auch immer mehr Nicht-EU-Länder suchen um einen solchen Schutz an, da die Verkaufsmöglichkeiten außerhalb des Heimatmarktes verbessert. So verfügt indischer Darjeeling-Tee den Schutz einer geografischen Herkunftsbezeichnung; ebenso wie thailändischer Jasminreis.
Damit gibt es ab 1. Juli, dem Beitritt Kroatiens zur EU, einige potenzielle agrarische Konfliktherde. Einer könnte mit dem Nachbarn Slowenien ausbrechen und sich um den istrischen Teran-Wein ranken. Slowenien hat sich die Ursprungsbezeichnung Teran bei seinem EU-Beitritt im Jahr 2004 schützen lassen. Laut der slowenischen Nachrichtenagentur STA haben die slowenischen Behörden kürzlich beanstandet, dass ein gleichnamiger Wein aus Kroatien in Slowenien verkauft wird und verordneten, dass die Flaschen aus den Regalen genommen werden müssen.
Interessenkonflikte
Probleme mit gleichen oder ähnlichen Bezeichnungen für gleiche oder ähnliche Lebensmittel und Alkoholika gibt es innerhalb der EU immer wieder und konnten immer noch gelöst werden. So wurde dem slowenischen Antrag auf Anerkennung des Namens "Krainer Wurst" ("Kranjska Klobasa") als geschützte Herkunftsbezeichnung statt gegeben, obwohl Österreich um die Käsekrainer fürchtete. Der salomonische Spruch dazu: Österreich darf die Bezeichnung doch benützen.
Ähnlich beim steirischen Kürbiskernöl. Slowenien hatte 2009 bei der EU den Antrag auf Herkunftsschutz für die Bezeichnung "Steirisches Kürbiskernöl jenseits der Mur" gestellt, sehr zur Empörung steirischer Kürbiskernbauern. Die Lösung: Slowenien musste das "steirisch" aus seiner Bezeichnung streichen.
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Quelle: Johanna Ruzicka, DER STANDARD, 12.5.2013
http://derstandard.at/1363710740230/Italiens-Prosecco-gegen-Kroatiens-Prosek