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Alt 15.07.2019, 15:39
Lutz, im Istrien Forum
Lutz offline
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An dieser Lokation gab es wohl schon öfter Unfälle:


https://taucher.net/forum-tu_am_11.9...atien-ioz81547

TU am 11.9. Baron Gautsch, Kroatien

TU am 11.9.2006 an der Baron Gautsch, Kroatien

Als Mitbetroffener möchte ich hier von einem Tauchunfall berichten, der letztendlich für alle Beteiligten gut verlief, aus dem andere Taucher - vor allem Anfänger und Urlaubstaucher - lernen können.

Nach 9 Minuten Abstieg am Seil erreichten wir zu dritt das 31 m tiefe Deck des Wracks. Buddy 4 hatte Druckausgleichprobleme und war bei 7m umgekehrt. Die Sicht betrug 2m, 14° Temperatur. Wir tauchten sofort los, steuerbordseits. Buddy 2 hatte Tarierungsprobleme, wir nahmen sie darauf hin in die Mitte, handhaltend. Da sie immer wieder und hektisch den Inflator verlangte, hielten wir nach 4 min an und beschlossen, den Tauchgang abzubrechen.

Etwa zeitgleich bemerkte ich, dass beide Buddies im Kreis um mich herumschwammen, immer wieder, bis ich realisierte, dass ich mich wie verrückt im Kreis drehte. Ich hielt daher die Flossen still, versuchte mich zu konzentrieren, verlor die beiden trotzdem aus den Augen.

8 min lang versuchte ich vollkommen orientierungslos, aufzusteigen, pendelte aber immer zwischen 35 und 25 m, ohne wesentlich Höhe zu gewinnen. Alles drehte sich, einzigoe Orientierung waren die Digitalziffern auf dem TC, die ich stark verzögert realisierte. Die Buddies sah ich ein mal weiter entfernt vorbeikreisen und mit irrem Tempo in die Tiefe stürzen, sich aneinander festhaltend. Dann stieg ich in 5 min mit einer kurzen Unterbrechung und beim zweiten mal mit 20m/sec auf 10 m, fing dort ab, machte 5 min Sicherheitsstop, da ich auf Grund des immer noch anhaltenden „Tiefenrausches“ nicht in der Lage war, die 5m Tiefe ordentlich zu halten.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich Todesangst und war zudem überzeugt, dass beide Frauen nie mehr lebend nach oben kommen.

Das Boot war etwa 50m entfernt, fuhr schon los, während es den Anker lichtete, zu meinen beiden Buddies, die um Hilfe rufend und stöhnend im Wasser abgeschleppt wurden. Nach großem OK schwamm ich zum Boot. Buddy 1 lag am Boden, Schaum vor dem Mund, bekam Sauerstoff, Buddy 2 lief noch herum, bekam dann auch Sauerstoff, da sie schockbedingt fror. Der TC der beiden zeigte Deko (18min auf 6 m) an, da sie 2x auf 40m auf Grund abgesackt waren. Buddy 1 hatte unten am Wrack nach und nach Panik bekommen, weil u.a. das Wrack nicht mehr zu sehen war und wollte „rauf, nur rauf“, Buddy 2 war ohne TC und ohne Tiefenmesser (!) unterwegs und versuchte, beide heil mit Hilfe des Aladin nach oben zu bringen. Zu einem Deko- oder Sicherheitsstop waren beide mental nicht in der Lage, obwohl sie mich da oben stoppen sahen. Beide hatten mich übrigens die ganze Zeit im Blick, wunderten sich nur, dass ich wie versteinert permanent auf meinen TC starrte.

Mein TC (Seeman XP5) zeigte im übrigen nur eine Verletzung der Aufstiegsgeschwindigkeit an (Minunte 24-25, 29 auf 10,5m).

Beide kamen sofort ins Krankenhaus nach Pula, Buddy 1 sechs mal, Buddy 2 ein mal in die Druckkammer. Wir sind jetzt alle wohlauf.

Das Verhalten des Käptns und der beiden deutschen Tauchlehrer, die eine AOWD-Ausbildungsgruppe begleiteten, war übrigens vorbildlich professionell, obwohl es deren erster „Fall“ war.

Bei mir zeigte sich 2 Stunden später, als ich die Ohren ausgleichen wollte, dass mein linkes Trommelfell ein 5mm langen Riß hatte (man macht Druckausgleich und es quietscht Luft und Wasser aus dem Ohr) – kein Tiefenrauch, sondern Drehschwindel, der durch das kalte Wasser, das ins Mittelohr drang, ausgelöst wurde. Zeitverzögert, da ich eine Haube trug. Schmerzen hatte ich im übrigen bis dahin keine, auch nicht beim etwas hektischen Abstieg. Da hatte es ein bisschen weh getan, aber Indianer kennen ja keinen Schmerz und wollen zum Wrack….

Wir trafen uns letzte Woche – gemeinsam mit unseren ehemaligen Tauchlehrern, um zu analysieren, was schief gelaufen war.

Wir hatten alle drei um 30 Tauchgänge AOWD. Damit ist man auf 30-40m bei schlechter Sicht im offenen Meer ohne Orientierungspunkte schnell überfordert. Sieht man auch an den Tauchprofilen: Luft ins Jacket, steigen beginnt, wird zu schnell, zu viel ablassen, mit Zeitverzögerung wieder runter: 8 min JoJo
Niemals zu dritt. In solch chaotischen Situationen muss man einen Buddy sich selbst überlassen und sich selbst retten!
Schlechte Planung: Wir versuchten ohne Seil aufzusteigen, weil wir über den Aufstieg nicht nachgedacht hatten.
Keine Ausbildung sieht Drehschwindel vor. Kombiniert mit verzögerter Reaktion in dieser Tiefe braucht es viel Ruhe.
Geh nie ohne eigenen Tiefenmesser ins Wasser. Der von deinem Buddy reicht nicht. Besser: kauf dir einen eigenen TC – meiner hat mir mein Leben gerettet.
Ich habe ab dem Drehschwindel nie (!) mein Fini kontrolliert. Wäre während eines Durchsackens die Luft alle gewesen, wäre ich ertrunken, da ich vergessen hatte, dass man in höchster Not den Bleigurt abwirft – lieber zu schnell nach oben als unten ertrinken! Buddy 1 trug ein bleiintegriertes Jacket: ich weiß bis heute nicht, wo man da das Blei abwirft…
Buddy 1 und ich sind 47. Wir beiden „alten Säcke“ werden uns zukünftig als Urlaubstaucher outen und jeden Tauchgang abbrechen oder nicht beginnen, bei dem wir uns nicht pudelwohl fühlen (war bei diesem Tauchgang nicht der Fall).
Unsere Tauchlehrer werden mit uns eine Privatstunde absolvieren: ein von uns geplanter und von den beiden begleiteter Tieftauchgang auf über 30m, um die Angst vor dieser psychologischen Schwelle zu nehmen. Aber: ohne Guide meines absoluten Vertrauens werde ich nie wieder solche Tiefen aufsuchen.

Mein Trommelfell ist mittlerweile sehr schnell zugewachsen, trotz Entzündungen und Tinnitus. Beides wird wohl sehr bald verschwinden, dann folgt ein Drucktest auf Tauchtauglichkeit.

Beide Mädels sind ebenfalls hier in Deutschland nachuntersucht worden (das Krankenhaus in Pula ist extrem veraltet) und „pumperlgsund“.

By the way: ADAC-Plus-Mitglieder mit Auslandskrankenversicherung erhalten die Druckkammerkosten (zwischen 900 und 1500 Euro pro Sitzung!) ersetzt.
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