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Alt 23.02.2013, 08:23
Eliane, im Istrien Forum
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Standard Ein Skandalurteil für den Tierschutz

Auf den Hund gekommen

Im Nachhinein: Was unsere rheinland-pfälzischen Abgeordneten die Landesregierung einmal fragen sollten

Anne Neuhof beschreibt sich selbst als „strukturiert, querdenkend und ungeduldig“. Die 61-jährige Grünen-Politikerin aus dem Westerwald ist seit 2011 Landtagsabgeordnete und kümmert sich in ihrer Fraktion um den Forst, die Jagd und den Tierschutz. Mitte Dezember versuchte Neuhof mit einer Anfrage an die Landesregierung, Daten und Fakten über „Tiergeschenke an Weihnachten“ zu erhalten. Neuhof musste sich gedulden. Denn die Regierung wartete – was bei dem Thema zunächst durchaus verständlich erscheint – erst einmal Weihnachten ab.

Dieser Tage erhielt Neuhof nun die Antworten. Die Landesregierung verfüge über keine Zahlen von in der Weihnachtszeit gekauften Tieren in Rheinland-Pfalz, schrieb Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) der Parteifreundin. Ebenfalls keine Informationen hat die Regierung darüber, wie viele tierische Weihnachtsgeschenke nach den Feiertagen als lästig empfunden und deshalb ins Tierheim abgeschoben werden. Im Nachhinein betrachtet, hätte die Landesregierung natürlich nicht so lange warten müssen, um ihr Nicht-Wissen zu offenbaren. Vielleicht waren die Fragen aber auch nicht querdenkend genug, um tiefer zu schürfen. Dass sich dies durchaus lohnen könnte, zeigt ein Fall, den das Verwaltungsgericht Koblenz gerade verhandelt hat.

Die Geschichte beginnt auf einem Autobahnparkplatz an der A 61 bei Rheinböllen. Dort hatte jemand einen Hund an der Leitplanke festgeleint und sich dann aus dem Staub gemacht. Eine Autofahrerin, die den verstoßenen Vierbeiner entdeckte, band ihn los und lieferte ihren Fund bei der nächsten Polizeistation ab. Der von den Ordnungshütern verständigte Tierschutzverein nahm den Hund mit, ließ ihn ärztlich versorgen und gewährt ihm schließlich 28 Tage lang Quartier. 561,75 Euro kostete diese Betreuung des herrenlosen Bellos.

Als es ans Bezahlen ging, zeigten die Behörden freilich kein Herz für Tiere. Gleich zwei Verbandsgemeinden lehnten die Kostenübernahme ab und verwiesen an die Polizei. Die reichte die Rechnung an das Veterinäramt des Rhein-Hunsrück-Kreises weiter, doch auch dort reagierte man unwillig. Der solchermaßen düpierte Tierschutzverein verklagte letztlich das Polizeipräsidium Koblenz auf Zahlung. Doch jetzt schoben die Gerichte den Fall samt Akten hin und her: das Amtsgericht Mayen an das Amtsgericht Mainz, dieses wiederum an das Verwaltungsgericht Mainz und dieses letztlich an die Kollegen in Koblenz.

Seit der ausgesetzte Hund bei Rheinböllen entdeckt worden war, sind inzwischen fast vier Jahre vergangen. Diesen Monat kam es endlich zur Entscheidung, das Urteil ist für den Tierschutzverein allerdings äußerst bitter. Die Polizei beziehungsweise das Land hafte nicht für die Kosten, meinten die Richter. Ihre Begründung klingt recht spitzfindig: Die Polizei habe von den Tierschützern nicht offiziell verlangt, den Hund im Tierheim unterzubringen, sondern den Verein lediglich über den Fund informiert. Nach dem Motto: Schön blöd von dem Tierschutzverein, dass er den Hund bei der Polizei abgeholt und versorgt hat, ohne vorher präzise und bürokratisch genau die Kostenübernahme zu regeln.

Der Fall wirft somit etliche Fragen auf, die strukturierte Abgeordnete der Landesregierung stellen könnten:

Ist das der Umgang, den rheinland-pfälzische Behörden mit den ehrenamtlichen Helfern der Tierschutzvereine pflegen?Und wieso dauert es hierzulande fast vier Jahre, bis geklärt ist, wer die Zeche zahlt, wenn sich ein gewissenloser Hundebesitzer davonstiehlt?Zu guter Letzt: Da Abgeordnete die Landesregierung gerne viel und alles mögliche fragen, könnte einer von ihnen sich doch einmal erkundigen, wie es eigentlich inzwischen dem Hund geht


Quelle: rheinpfalz, Ausgabe 23.02.13, Autor: Rolf Schlicher

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