Kroatien-Roman von Zoran Feric: Randzonen der Liebe
In "Das Alter kam am 23. Mai gegen 11 Uhr" präsentiert der kroatische Autor Zoran Feric ein realistisches Epos der Gegenwart seines Landes. Der jüngste Krieg wird jedoch nur beiläufig erwähnt. Worum geht es dann? Um die Liebe. Von Hans-Peter Kunisch
Die Schülerinnen und Schüler einer Zagreber Abiturklasse, inzwischen alle um die siebzig, sitzen nach einem halben Jahrhundert wieder im selben Boot. Auf Anregung des Ich-Erzählers, der die große Liebe seines Lebens, die er vor mehr als drei Jahrzehnten zum letzten Mal getroffen hat, wiedersehen möchte, wiederholen sie die Abiturreise: eine Fahrt mit dem kleinen Motorsegler Transmuntana, die im Hafen von Opatija beginnt. Tomar, der Ich-Erzähler, hat die Reise am Ende nicht selber organisiert und ist enttäuscht, als Senka nicht mit dabei ist. Aber an einer der ersten Stationen steigt sie zu.
Zu der beeindruckenden Souveränität, mit der dieser dritte Roman des 1961 in Zagreb geborenen Zoran Feric erzählt ist, gehört, dass das über 500 Seiten starke Buch, dessen Handlung um 2010 angesiedelt ist und in dem es oft um Erinnerungen geht, nur einmal und eher beiläufig auf den jüngsten Krieg zu sprechen kommt, der so viele Bücher aus Ex-Jugoslawien derzeit beherrscht.
Auf gerade mal zwei Seiten wird dieser Krieg lapidar mit den beiden Weltkriegen verglichen. Der Großvater des Ich-Erzählers kam Anfang des letzten Jahrhunderts bis in sibirische Gefangenschaft und über Singapur, Kapstadt und Marseille wieder zurück; dem Vater, einem Spanienkämpfer und Partisan, brachte der Zweite Weltkrieg die heimischen Wälder und Berge. Er selber, so Tomar, habe im Krieg als Arzt Krankenhäuser von Nova Bila und .....
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Quelle: Sueddeutsche.de