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Alt 27.03.2020, 08:45
Lutz, im Istrien Forum
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Standard USA - Der Untergang - jeglicher vernüftiger Fiskalpolitik

Der feuchte Traum aller Anhänger der Modern Monetary Theory könnte bald Realität: In den USA wird ein historisch einmaliger Finanzierungstrick diskutiert, der die US-Regierung in die Lage versetzen soll, zwei Billionen Dollar aus dem Nichts für ein bedingungsloses Grundeinkommen zu zaubern, ohne dass sich die Staatsverschuldung dadurch erhöht. Als Assistentin für diesen monetären Zaubertrick soll die US-Notenbank mit eingespannt werden.

Wie die US-Regierung Billionen von Dollars herbeizaubern könnte
Die Anhänger der Modern Monetary Theory (MMT) fordern es schon lange: Der Staat soll selbst das Privileg der Geldschöpfung erhalten. Auf eine unabhängige Zentralbank wäre die Fiskalpolitik dann nicht mehr angewiesen. Die Politiker könnten zusätzlich zu den Einnahmen aus Steuern und Abgaben selbstverantwortlich so viel Geld erzeugen, wie die Haushaltsplanung benötigt. Inflation soll dadurch vermieden werden, dass der Staat das neue Geld ja jederzeit via Steuererhöhungen wieder abschöpfen könne. Das würde aber wohl nur funktionieren, wenn die Politiker nicht länger dem Druck der demokratischen Legitimität durch Wahlen ausgesetzt wären, der die bevorzugt, die Steuern und Abgaben senken und nicht erhöhen.
Der Staat soll als Schöpfer der Währung auftreten, da „Das Geld ein Geschöpf der Rechtsordnung ist“. So die Überzeugung des Urvaters der MMT, Georg Friedrich Knapp, in seinem Werk „Staatliche Theorie des Geldes“. Aus gutem Grund war bisher die Unabhängigkeit der Notenbanken in Sachen Geldschöpfung vom Staat ein hohes Gut. Doch diese Unabhängigkeit endete in Deutschland spätestens mit der Aufgabe der geldpolitischen Souveränität und der Übergabe derselben an die Europäische Zentralbank, in dessen EZB-Rat Deutschland nur durch zwei von insgesamt 21 Stimme vertreten ist – und das aufgrund des Rotationsprinzips auch nicht permanent. Gleichwohl würde die jetzt von der US-Demokratin und Mitglied des Abgeordnetenhauses Rashida Tlaib vorgeschlagene Maßnahme zu einer neuen Dimension der politisch gesteuerten Geldmengenausweitung durch die US-Regierung führen.

Zwei „entseelte“ Münzen aus Platin für den modernen Geld-Sozialismus
Der von Tlaib vorgelegte Gesetzentwurf mit dem klangvollen Namen „Automatic BOOST to Communities Act“ würde jedem Amerikaner eine Einmalzahlung in Höhe von 2.000 US-Dollar bescheren und im Anschluss daran ein monatliches bedingungsloses Grundeinkommen in Höhe von 1.000 US-Dollar bis ein Jahr nach dem Ende der Coronavirus-Krise. Tlaib schlägt der US-Regierung vor, die Kosten des Programms zu decken, indem das Finanzministerium seine bundesrechtliche Befugnis zur Ausgabe von zwei Platinmünzen nutzt, die einen Nennwert von jeweils 1 Billionen US-Dollar tragen (nicht Materialwert). Die US-Notenbank Fed würde die Münzen dann zum Nennwert aufkaufen und der staatlichen Münzprägeanstalt U.S. Mint den Fantasiewert aufs Konto buchen, zur freien Verfügung der US-Regierung. Der reale Wert der Münzen läge per heute bei einem Gewicht von 1 kg pro Stück bei zusammen ca. 50.000 US-Dollar. Durch die Ausgabe der Münzen würden die US-Staatsschulden nicht steigen, da die Rechnung einfach mit neu geschöpftem Geld bezahlt würde. Warum ist eigentlich der Ostblock untergegangen, wenn es doch so einfach ist, soziale Wohltaten unabhängig von der Wirtschaftsleistung zu bezahlen? Die Politiker aus der Sowjetunion oder der DDR waren wohl einfach nicht „modern“ genug.
Der Gesetzentwurf von Tlaib basiert auf einem US-Gesetz (U.S. Code § 5112, Title 31) das es dem Finanzminister ermöglicht, Platinmünzen mit beliebigem Nennwert von der U.S. Mint prägen zu lassen und zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu erklären, unabhängig vom tatsächlichen Materialwert. Ganz im Sinne von Georg Friedrich Knapp, wonach der Wert einer staatlich ausgegebenen Münze nicht im inhärenten Wert des Materials, aus dem die Münze geprägt wurde, bestünde. Münzen seien vielmehr „entseelten Überreste“ des Geldwesens. Damit würde durch die MMT eine Art Fiat-Geld 2.0 etabliert, von dem der Staat beliebige Mengen selbst erzeugen kann.

Fazit und Ausblick auf die Moderne
Mein Geschichtslehrer in der gymnasialen Oberstufe erinnerte uns stets daran, dem Adjektiv „modern“ aus dem Munde von Politikern stets zu misstrauen, weil es gern als Feigenblatt für „den größten Unsinn“ in der Geschichte missbraucht wurde. Zwar gibt es auch Ansätze in der MMT, denen man zustimmen kann. So z. B. der Forderung, das Geldschöpfungsprivileg nicht allein den Notenbanken und v. a. nicht den Geschäftsbanken zu überlassen (Mindestreserve-System).
Aber ob Politiker der US-Regierung die verantwortlicheren Geldschöpfer im Sinne der Geldwertstabilität sind, darf doch stark bezweifelt werden. Haben wir nicht erst vor dreieinhalb Jahren in der größten Volkswirtschaft der Welt, den USA, erlebt, wie ein Präsidentschaftskandidat auch dank des Versprechens einer gigantischen Steuersenkung gewählt wurde? Eine fiskalische Maßnahme, die zu Billionendefiziten im US-Haushalt führte. Was denselben Mann nicht davon abhält, sein Versprechen im Vorfeld des Wahltermins am 3. November dieses Jahres zu erneuern. Man stelle sich vor, Donald J. Trump hätte die Macht, so viel Geld zu erzeugen, wie er für seine Wiederwahl benötigt – ohne Hilfe Dritter.
Na ja, in Anbetracht des mittlerweile unlimitierten Gelddruckprogramms der US-Notenbank Fed wäre der Unterschied gar nicht mehr so groß. Also wird es wohl früher oder später á la Goethes „Faust II“ aus dem Munde des US-Präsidenten an seinen Finanzminister heißen: „Ich habe satt das ewige Wie und Wenn. Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff es denn.“ Worauf Mephisto, äh der Finanzminister antwortet: „Ich schaffe, was ihr wollt, und schaffe mehr.“
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